Doping? - Der Fall Dieter Baumann
- Täter oder Opfer ? -
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Dieter Baumann
Dieter Baumann-Homepage
Doping im Sport (Seminarkurs Doping)
Schüler gestalten eine Internetseite (u.a. mit einem Interview mit D. Baumann)
Chronologie17. November 1999: Dieter Baumann wird von der Anti-Doping-Kommission des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) wegen des Verdachts eines Anabolika-Missbrauchs angehört. Der Weltmeister beteuert seine Unschuld.
19. November: Der DLV suspendiert Baumann mit sofortiger Wirkung. Als Grund wird mitgeteilt, dass gegen den Athleten "Doping- Verdacht besteht". Analysen einer am 19. Oktober vorgenommenen Trainingskontrolle und einer Kontrollprobe am 12. November hätten jeweils einen weit über dem erlaubten Grenzwert von zwei Nanogramm liegenden Nandrolon-Anteil von über 20 Nanogramm im Urin des Athleten ergeben.
20. November: Baumann beauftragt einen Heidelberger Anwalt und will "aktiv an der Aufklärung arbeiten".
22. November: Der schwedische Vorsitzende der Anti-Doping-Kommission des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF), Arne Ljungqvist, spricht von einem "klaren Fall" von Nandrolon-Doping, "ob bewusst oder unbewusst".
25. November: Dieter Baumann erklärt an Eides statt, "dass ich nie Dopingmittel genommen habe".
30. November: Der Leiter des Kölner Doping-Kontrolllabors, Professor Wilhelm Schänzer, stellt fest: "Es gibt Nahrungsergänzungsmittel, die den Nandrolon-Wert in die Höhe treiben, auch in die Höhe wie bei Dieter Baumann oder noch höher."
3. Dezember: Untersuchungsergebnisse des Kölner Doping-Labors von Schänzer werden bekannt, wonach das anabole Steroid Norandrostendion in der Zahnpasta des Olympiasiegers gefunden wurde. Schänzer: "Wir haben damit eine Quelle lokalisiert, mit der man die Befunde erklären kann. Ich gehe davon aus, dass die Substanz in die Zahnpasta gebracht wurde."
3. Dezember: Dieter Baumann spricht in einer öffentlichen Erklärung von einem "kriminellen Akt" und stellt mit Datum des 2. Dezember Strafanzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Tübingen.
22.1. 2000 : Der Deutsche Leichtathletikverband spricht sich für eine zweijährige Sperre für Baumann aus.
23.6. 2000: Baumann darf wieder starten
25.6. 2000: Dieter Baumann startet wieder und schafft die Olympianorm über 5000m
18.9. 2000: IAAF sperrt Baumann für zwei Jahre. Der Olympiastart ist nicht möglich.
10.2. 2001: Baumann scheitert vor dem Landgericht
Persönliche Erklärung von Dieter Baumann:19.11.99
"Habe niemals Dopingmittel genommen"
"Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat mir in dieser Woche die überaus schockierende Nachricht eröffnet, dass zwei meiner Trainingskontrollen auf das Anabolikum Nandrolon positiv getestet wurden. Ich habe dafür keine Erklärung, aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, den Sachverhalt aufzuklären.Ich versichere, dass ich zu keiner Zeit meines Lebens Dopingmittel eingenommen habe. Dies würde zutiefst meiner Einstellung zum Leistungssport und meiner Grundeinstellung zum Leben widersprechen.
Ich habe die Offenlegung meiner gesamten medizinischen Betreuung angeboten und darum gebeten, umfangreiche Untersuchungen einzuleiten.
Ich habe mich in der Vergangenheit immer für einen sauberen Sport eingesetzt und ich werde dies auch in Zukunft tun. "
Stichwort: Nandrolon
Nandrolon gehört zur Familie der anabolen Steroide. Sie werden sowohl im Männer- als auch im Frauensport verwendet, um vor allem einen Kraftzuwachs zu erreichen. Die anabolen Steroide dienen aber auch dazu, größere Erholungswerte nach hohen Trainingsbelastungen zu erzielen. Nandrolon steht wie auch die bekannteren Wirkstoffe Testosteron und Clenbuterol auf der Liste der verbotenen Mittel des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Sie ist verbindlich für alle 35 Internationalen Verbände mit olympischen Sportarten.Kontrollen am Wettkampftag sind nicht geeignet, Anabolika nachzuweisen, deren letzte Einnahme so weit zurückliegt, dass keine erfassbaren Urinkonzentrationen mehr vorhanden sind. Vor allem aus diesem Grund sind die Trainingskontrollen eingeführt worden. Deren Wirkung ist um so größer, je kürzer die Vorwarnzeiten sind. Als dem englischen Sprint-Olympiasieger Linford Christie und der zweifachen 200-m-Weltmeisterin Merlene Ottey (Jamaika) vor den Leichtathletik- Weltmeisterschaften im Sommer 1999 in Sevilla Nandrolon-Missbrauch nachgewiesen wurde, äußerten einige Athleten und Mediziner Zweifel an den Testmethoden.
Medikamente vom Markt genommen
Nandrolon scheint unter den anabolen Steroiden, deren Einnahme durch die Trainingskontrollen nach Ansicht der Experten drastisch zurückgegangen ist, das noch am meisten Genutzte zu sein. Zu den spektakulärsten Nandrolon-Fällen der letzten Zeit zählen neben Christie und Ottey der tschechische Tennisspieler Petr Korda, der US- Spitzensprinter Dennis Mitchell und der englische 200-m- Europameister Doug Walker. Nach einem Dopingskandal französischer Sportler 1997 wurden drei von vier Medikamenten, die das nachgewiesene Nandrolon enthielten, vom nationalen Markt genommen.Auf den ersten Blick verwundert der jüngste Hang in der Leichtathletik zur Einnahme verbotener Substanzen, insbesondere verbotener anaboler Steroide wie Nandrolon. Grundsätzlich ist die für den Muskelaufbau bei Bodybuildern sehr beliebte Substanz in injizierter Form über Monate hinweg nachweisbar. Doch im Falle der Sprintstars Linford Christie und Merlene Ottey handelt es sich um sogenannte Vorläufer dieser Substanz, die nur Tage nachweisbar sind.
Nur eine Woche im Körper nachweisbar
Dies sind laut Dopingfahnder Prof. Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln, Norandrostendiol oder Norandrostenion. "Diese werden oral eingenommen und sind nicht länger als eine Woche im Körper nachweisbar", erklärte der Nachfolger des verstorbenen Manfred Donike.Während laut Schänzer auch diese Substanzen auf der Verbotsliste des Internationalen Olympischen Komitees (IOC/Seit 1975) und in Europa gemäß Arzneimittel-Gesetz rezeptpflichtig seien, könne man sich in Amerika diese Substanz an jeder Ecke besorgen.
"FR" 20.11.99"Nichts genommen", aber positiv getestet
Baumanns Dopingfall hinterlässt Ratlosigkeit und Fragen
Von Robert Hartmann (Stuttgart)"Ich tue mich a bissle schwer zum Einstieg." Da sitzt Dieter Baumann vor den Fernsehkameras und den Journalisten, und er weiß, dass er in dieser von ihm eilends angesetzten Pressekonferenz im schwäbischen Kunstturnzentrum in Stuttgart allein seine Ratlosigkeit mitteilen kann. "Ich habe nichts genommen, aber ich habe eine positive Probe." In seinem Urin fand sich eine Konzentration, die mit 20 Nanogramm das Zehnfache des Erlaubten aufwies.
Aber er ist der Super-Gau der deutschen Leichtathletik in Person. Er hat immer offensiv gegen Doping gekämpft, erst am 4. Oktober hatte er die Württembergische Sportpresse zu einem Forum zu sich nach Tübingen eingeladen. Das Thema lautete: "Wie gehen die Medien mit Doping um?" Jetzt hat sich die Frage umgedreht. Wie wird er, als ein Betroffener, wie es hier zu Lande von ähnlicher Prominenz und Ansehen noch keinen gab, selber damit fertig: am Pranger zu stehen.
Baumann findet Sympathie, gedämpfte Sätze, bedrückte Stimmung. Seine Zuhörer treffen sich im Gefühl der Fassungslosigkeit. Der 5000-m-Olympiasieger erzählt ruhig und sehr bedächtig von Anfang an, wie das Schicksal seinen Lauf nahm und er ihn nicht beeinflussen kann. Der Anruf aus der Verbandsgeschäftsstelle, am Montag. Er habe den Angestellten Jan Kern sagen hören, es gäbe da einen Fall von Nandrolondoping. "Zuerst wusste ich gar nicht, um wen es geht." Entschuldigung, um ihn. "Das konnte nicht sein. Ich habe ja nichts verbrochen."
Er bat um schnellstmögliche Anhörung, "ich muss nicht taktieren", man traf sich am Mittwoch. Mitten in die Anhörung hinein platzte die Mitteilung von einer zweiten positiven Probe, nach dem am 19. Oktober genommenen Urin wies auch der vom 12. November die verräterischen Spuren auf. "Sie können sich vorstellen, dass ich gewankt bin." Baumann lauscht seinen Worten nach, und weil er seit fünf Tagen an nichts anderes mehr denken kann, wiederholt sich in seinem Kopf wohl auch diese Leerzeile. "Ich habe nichts genommen." Er schreit nichts hinaus, er erklärt, will betont sachlich bleiben.
Zehn Urinproben habe er über eineinhalb Jahre bis zum Juli 1999 abgegeben, nie habe sich ein Problem aufgetan. Doch am 5. August, während des Höhentrainingslagers, sei "ein Schleier" bei der Probe aufgetaucht. Da war etwas, doch noch zu wenig. "Ich habe das letzte halbe Jahr kein einziges Medikament zu mir genommen. Das kann ich ausschließen."
Der große unbekannte Dritte, der ihm übel will, hat er schon mal darüber nachgedacht? "Es gibt nicht diese Komplottheorie. Was man hier mit mir macht, das ist nicht lustig. Das erfordert eine kriminelle Energie, die traue ich niemand zu." Diesen Fluchtweg fände er zu billig.
Wie wird es weitergehen? "Ich lege meine Daten offen. Ich will gläsern sein." Dann kommt der wichtigste Punkt, hat die Wissenschaft am Ende mit Nandrolon ein Problem? Es sei wohl nicht so einfach, sagt Baumann, wie man das in Sportkreisen sehe. Die Urine der im August bekannt gewordenen Nandrolon-Fälle der Sprinter Merlene Ottey und Linford Christie, Weltmeister und Olympiasieger, werden zurzeit einer peinlich genauen Prüfung unterzogen. Womöglich wird aus dem Super-Gau ein grandios-böses Missverständnis? Denkbar und möglich ist es inzwischen. Und der Olympiasieger sagt: "Mir geht es um eine grundsätzliche Nandrolon-Doping-Diskussion."
Im Radio hat ein Arzt mitgeteilt, das Anabolikum sei in Augentropfen enthalten. Baumann trägt Kontaktlinsen. Im übrigen, es heißt doch, Nandrolon könne in den USA in Nahrungsergänzungsmitteln im Supermarkt gekauft werden. Er benötige doch auch so was, generell. "Das sind gängige Mittel."
Die Nandrolon-Quelle. Wird er sie finden? Er werde in den nächsten drei, vier Wochen genau so normal essen und trinken wie in den voraus gegangenen. Er werde aktiv werden, Informationen sammeln, "ich werde kämpfen. Ich möchte lückenlos kontrolliert sein, zwei-, dreimal in der Woche. Das ist für mich der einzige Weg." Die These klingt nicht nur einfach, sie ist es. Wer weiß, irgend etwas nimmt er zu sich, in dem die ihm übel wollende Substanz sich versteckt hält. "Es ist noch ein schwebendes Verfahren", sagt er zwischendurch. Bis jetzt ist er vom Deutschen Leichtathletik-Verband suspendiert, er darf keine Wettkämpfe bestreiten. Im Falle der positiven B-Probe muss er eine Sperre von zwei Jahren gewärtigen. Baumann nahm sich den Heidelberger Michael Lehner zu seinem Rechtsbeistand, den Anwalt der prominenten Dopinggegner Brigitte Berendonk und Professor Werner Franke. Baumann stößt auf viel Wohlwollen, weil seine Vergangenheit für ihn spricht.
Überhaupt, wieso, so stellt er die Frage, sollte er Nandrolon nehmen, das leicht nachzuweisen ist? "Die intelligentere Lösung wäre, mit EPO zu dopen." Dieses Blutdoping ist nicht nachweisbar, und es bringt viel mehr Profit als ein Muskeldoping. "Es ist nicht die Frage, ob Nandrolon etwas bringt, sondern es steht auf der Liste." Die Gedanken kreisen und kreisen ohne Unterlass. "Das ist ein Beweisstück gegen mich, und jetzt bin ich auf der Suche nach einem Beweisstück für mich."
Für dieses Doping-Kontrollsystem habe er gearbeitet, es mit initiiert, "das habe ich getragen. Meine Kontrollen verliefen so unkompliziert." Das Leben hat sich dramatisch geändert. Er sei mitten in einer "neuen Einordnung meiner selbst", dazu waren ihm nur fünf Tage Zeit gelassen. Sein Verbandspräsident, Helmut Digel, sie gehen freundschaftlich miteinander um, sie mögen und schätzen sich gegeneinander, der intellektuelle Soziologe und sein Vorzeigeathlet. "Eine gewisse Tragik", sagt Baumann, als der Name vorsichtig an ihn herangetragen wird. "... auch für mich." Schließlich: "Das muss mein Ziel sein, dass man Athleten nicht zu Unrecht verurteilt."
Dopingvorwurf gegen Dieter Baumann - Der Kommentar
Das Ende des letzten Saubermannes?
Passend zur Jahreszeit eine eiskalte Nachricht für den Sport: Dieter Baumann gedopt. Unglaublich. Zu unglaublich. Allen möglichen Leistungssportlern mag man unterstellen, Dopingmittel zur Leistungssteigerung einzunehmen. Nicht aber dem Tübinger Dieter Baumann.Der Olympiasieger von 1992 läuft zwar im Dress des Pharma- Vereinsteams Bayer 04 Leverkusen, trägt ansonsten aber von je her eine schneeweiße Weste. Kein anderer Sportler hat so laut nach harten Sanktionen gegen Dopingsünder gerufen wie Baumann. Keiner so stark die Politik aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Und der 34-Jährige soll nun selbst wie vor ihm Linford Christie und Merlene Ottey über das anabole Steroid Nandrolon gestolpert sein?
Seit Jahren plädieren Dieter Baumann und seine Frau Isabelle als Langstrecken-Bundestrainerin für einen sauberen Sport ohne Kompromisse. Ausgerechnet der "weiße Kenianer" soll nun die Bestimmungen für sich über Gebühr gelockert haben? Wäre zumindest ziemlich frech. Man mag sich das nicht vorstellen.
Sollten die positiven Proben vom 19. Oktober und 12. November tatsächlich zu Dieter Baumann gehören, sollte er wirklich ein verbotenes, muskelaufbauendes Präparat eingesetzt haben, hat die internationale Leichtathletik ein großes Problem. Würde Imageträger Baumann als sauberes Idol vom Sockel gestürzt werden, hätte die beliebte Sportart mit ihren abertausenden Hobbyathleten ihren letzten Saubermann eingebüßt. Denn vielen Weltrekordjägern haftet ohnehin ein dunkler Schleier an den Sohlen.
Von Volker Boch, Rhein-Zeitung 19.11.99
26.11.99
Baumann gibt eidesstattliche Erklärung ab
Stuttgart (dpa) - Der unter Doping-Verdacht stehende Dieter Baumann hat eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, um seine Unschuld zu bekräftigen.«Ich habe vor Jahren schon einmal eine abgegeben, dass ich nie Doping-Mittel genommen habe. Ich habe diese Erklärung gestern erneuert - zur Vorlage vor Gericht», sagte der Olympiasieger von 1992 in der SWR-Sendung «Sport unter der Lupe» am Donnerstagabend. Auch seine Frau und Trainerin Isabelle habe ein entsprechendes Schreiben aufgesetzt. Die B-Probe von den beiden positiv verlaufenen Trainingskontrollen wird nach Angaben von Baumanns Rechtsbeistand Michael Lehner (Heidelberg) erst im Januar geöffnet. Der Anwalt hat beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) weitere Unterlagen zu den beiden Proben angefordert.
Auf der Suche nach einem Beweis, dass das verbotene Anabolikum Nandrolon in seinem eigenen Körper produziert wurde oder unbewusst über Nahrungsmittel aufgenommen wurde, ist Baumann offenbar noch nicht vorangekommen. Für eine wissenschaftliche Studie unter Laborbedingungen sei es noch zu früh, erklärte der 34-jährige Tübinger. «Im Moment haben wir zu wenig Erkenntnisse. Man muss so etwas besser vorbereiten. Nur Aktionismus bringt mir nichts und der Sache nichts.»
Die Auseinandersetzungen der Wissenschaftler um Nandrolon sorgt auch beim DLV für immer größere Unsicherheit und Verwirrung. «Wir wissen bald nicht mehr, wo wir dran sind», räumte Rüdiger Nickel, der Vorsitzende des Bundesausschusses Leistungssport im DLV, ein. «Wir müssen die Wissenschaft auffordern, sich einig zu werden, was sie uns an Materialien an die Hand gibt, sonst können wir eine effektive Dopingbekämpfung nicht leisten.»
Baumann versucht derzeit, «in den Alltag zurückzukommen». Dies sei sehr schwer. «Es geht mir natürlich nicht gut. Ich habe im Moment jedoch den Eindruck, dass ich sehr viel Unterstützung erhalte.» Bis zur Öffnung der B-Probe hat der Langstreckenläufer noch etwas Zeit. Vom Zeitpunkt der Suspendierung (19. November) an bleiben einem des Dopings beschuldigten Athleten 28 Tage, den Antrag auf Öffnung der B- Probe zu stellen. Dies muss dann innerhalb von weiteren 21 Tagen geschehen. Dies spielt nach dem derzeitigen Stand der Dinge aber lediglich für das weitere Verfahren beim DLV eine Rolle. «Ich würde sagen, dass A- und B-Probe zu 99,9 Prozent identisch sind», meinte Professor Hans-Hermann Dickhuth, ärztlicher Direktor der Sportmedizin an der Universität Tübingen und Baumanns medizinischer Berater.
Die eidesstattliche Erklärung sieht Anwalt Lehner als «Mittel zur Bekräftigung». Sie habe auch eine «Warnfunktion» für Medien, die im Fall seines Mandanten bereits von Doping und nicht von Dopingverdacht sprechen. Diese Erklärung, so Nickel, kann bei einem gerichtlichen oder sportgerichtlichen Verfahren als «sportwidriges Verhalten» ausgelegt werden, falls Baumann des Dopings überführt werde.
DLV-Präsident Helmut Digel hat derweil Vorwürfe zurückgewiesen, er würde Athleten aus den alten und neuen Bundesländern nicht gleich behandeln. Damit reagierte er auf die Kritik der PDS- Bundestagsabgeordneten Ruth Fuchs. Die zweimalige Speerwurf- Olympiasiegerin hatte kritisiert, dass mit ehemaligen DDR-Sportlern, die unter Doping-Verdacht standen, längst nicht so rücksichtsvoll umgegangen worden sei wie mit dem Langstreckenläufer. «Ich habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass im Falle Dieter Baumann nach den gleichen Regeln zu verfahren ist wie in allen übrigen Fällen», sagte Digel der «Leipziger Volkszeitung» (Samstagausgabe) und in einer Presseerklärung.
Die Anti-Doping-Kommission des DLV habe sich genau wie in den Fällen der Weitspringerin Susen Tiedtke (Berlin) und der in den USA lebenden Marathonläuferin Uta Pippig vollkommen korrekt verhalten. Digel bezeichnete Fuchs' Verhalten als «verantwortungslos». Wer Vorwürfe wie Ruth Fuchs erhebe, «muss sich sowohl Fragen nach der eigenen Moral und der Haltung zum Doping in der früheren DDR gefallen lassen als auch die Frage, was eine Partei wie die PDS heute gegen Doping unternehme», so der DLV-Präsident.
3.12.99Zahncreme vielleicht Ursache für Baumanns Doping-Fall
Frankfurt/Main (dpa) - Der unter Dopingverdacht geratene Dieter Baumann kann auf der Suche nach seiner Unschuld ein erstes Ergebnis vorweisen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in ihrer Freitag-Ausgabe berichtet, hat das Kölner Doping-Labor von Wilhelm Schänzer bei ihren Nachforschungen die Zahnpasta der Familie als mögliche Dopingquelle ausgemacht. Die Creme sei offensichtlich mit Nandrolon oder dessen Vorläufersubstanzen durchsetzt.Biochemiker des Kölner Labors wiesen die Wirkung in mehreren Tests unter anderem in Eigenversuchen nach. Dabei hätten die im Urin der Benutzer festgestellten Werte der Nandrolon-Metaboliden Höhen wie in den beiden beanstandeten Proben des Athleten erreicht und sogar überschritten. Die Bedeutung des Fundes ist nach Angaben der FAZ jedoch umstritten, zumal die Paste nachträglich mit Nandrolon angereichert worden sein könnte.
Der 34-jährige Baumann war bei zwei Trainingskontrollen am 19. Oktober und 12. November positiv auf Nandrolon getestet und von der Anti-Doping-Kommission /ADK) des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) suspendiert worden. Baumanns Proben hatten mehr als das Zehnfache des als Grenzwert festgelegten Wertes von 2,0 Nanogramm ergeben. Dieser Wert enthält eine weiträumige Sicherheitsspanne dafür, dass Nandrolon in dieser Menge nicht im menschlichen Körper produziert werden kann.
3.12."Rhein-Zeitung"Der Kommentar zum "Fall" Dieter Baumann
Vor dem Doping Zähne putzen?
Ja, ist es denn zu glauben? Eine nicht ganz handelsübliche Zahnpasta soll Ursache dafür sein, dass Dieter Baumann es seit geraumer Zeit gar nicht mehr lustig findet, wenn man von ihm als positivem Typ spricht. Die Gretchenfrage ist nun, was denn zuerst war, der positive Befund bei Dieter Baumann oder das Nandrolon in der Tube?Handelt es sich um das anabole Steroid in der Tube, schließt sich Frage Nummer zwei an: Wie ist es dort hineingekommen? Da sich die Experten einig sind, dass der Stoff nicht geeignet ist, den Kampf gegen Karies oder Zahnstein aufzunehmen, muss jemand die Tube manipuliert haben.
Was bleibt, sind Fragen
Also doch die Verschwörungstheorie, dunkle Gestalten, die ins Baumannsche Anwesen gedrungen sind, um das Zahnweiß anzureichern, auf dass es dem Dieter zum Nachteil und der "Legalisiert-Doping-Fraktion" zum Vorteil gereiche? Oder hat doch die ehrgeizige Gattin und Trainerin die Finger im Spiel, und das Zahnpasta- Mysterium ist nichts anderes als der nachgereichte Persil-Schein für den Saubermann? Fragen über Fragen. Selbst der Glaube an die guten Ratschläge aus vergangenen Kindertagen ist erschüttert. Von wegen drei Mal täglich Zähne putzen...
13.12.
Baumanns Anwalt droht
DLV soll noch keine Sperre verhängen
Im Fall Dieter Baumann drohen weitere Komplikationen. Der Anwalt des unter Dopingverdacht stehenden Rekordläufers, Michael Lehner, hat dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) mit Schadenersatz-Ansprüchen für den Fall gedroht, dass vor Ende der staatsanwaltlichen Ermittlungen eine Sperre gegen den Athleten verhängt werde. Lehner warnt gleichzeitig vor der Untersuchung der verbliebenen Urin-Menge, damit kein Beweismittel verloren gehe.
Unterdessen verstärkte sich die Kritik an dem Leiter des Kölner Doping-Labors, Wilhelm Schänzer. "Wenn Köln in ein und der selben Sache die Analyse und gleichzeitig weitere Untersuchungen im Hause des verdächtigen Athleten vornimmt, dann ist das sehr unvorsichtig und unklug", sagte Alexandre de Merode, Vorsitzender der Medizinischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). IOC-Vize-Präsident Richard Pound, designierter Chef der neuen Anti-Doping-Weltagentur, stellte sogar die Erneuerung der Lizenz für die Kölner in Frage. Alle Aktivitäten, die ein Labor in einen Rollenkonflikt zwischen Analytik und gutachterlicher Tätigkeit brächten, könnten zum Entzug der Akkreditierung führen.
Ex-Sprinterin Katrin Krabbe bezeichnete es als Ungeheuerlichkeit, "dass ein zur Neutralität verpflichteter Leiter eines Anti-Doping-Labors wie Professor Wilhelm Schänzer auf einmal mit seinem ganzen Stab für den positiv getesteten Dieter Baumann forscht". Baumann hätte die Untersuchungen selbst bezahlen und ein unabhängiges Institut sie durchführen müssen. Baumann werde "wie ein Dopingopfer" behandelt. "Es ist schon höchst verwunderlich, dass mir 1992 nicht die Unschuldsvermutung zugestanden wurde, obwohl wir nur ein Medikament angewendet hatten, das gar nicht auf der Liste der verbotenen Mittel stand." dpa
22.1. 2000Fall Baumann: DLV-Präsidium beantragt Dopingsperre
Jetzt sind die Juristen am ZugDarmstadt - Dieter Baumann steht nach dem Antrag des Präsidiums des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) auf eine zweijährige Dopingsperre vor seinem Karriereende und kann sich nur noch an den Strohhalm Staatsanwaltschaft klammern.
DLV-Rechtsausschuss muss entscheiden"Es kann zwei oder drei Monate dauern, bis der Rechtsausschuss entscheidet. Deshalb hat der DLV heute letztendlich Baumanns Karriereende beschlossen", kritisierte dessen Anwalt Michael Lehner die 9:1-Entscheidung des Gremiums, die Suspendierung aufrechtzuerhalten, und drohte mit einer zweistelligen Millionenklage: "Der DLV hat die Schadensersatzuhr zum Ticken gebracht." Baumann selbst sieht sich als Opfer "eines langfristig und gezielt geplanten Anschlags" und kündigte an: "Ich werde und kann eine Sperre nicht akzeptieren." Unter Sportlern und Sportfunktionären stieß das Vorgehen des Verbandes jedoch auf Verständnis.
DLV-Rechtsausschuss muss entscheiden
"Das Präsidium hat auf der Basis des Untersuchungsberichts der Anti-Doping-Kommission den dringenden Tatverdacht für einen Dopingverstoß gegenüber Dieter Baumann festgestellt", gab Präsident Helmut Digel am Samstag nach der zweistündigen Sitzung in der DLV- Geschäftsstelle in Darmstadt bekannt und berief sich dabei auf die beiden positiven Dopingproben des deutschen Rekordhalters vom 19. Oktober und 12. November. Der Antrag auf Sperre geht nun an den unabhängigen Rechtsausschuss. Der Vorsitzende Wolfgang Schoeppe (Ansbach) wird zusammen mit zwei Beisitzern eine Kammer bilden, der keine zeitlichen Fristen für weitere Untersuchungen gesetzt sind.
"Große Betroffenheit"
"Der Gang vor den Rechtsausschuss ist der falsche Weg", urteilte der enttäuschte Baumann. Dem DLV wirft er vor, ihn nun in eine juristische Auseinandersetzung zu zwingen. "Und das mit Personen, mit denen ich gemeinsam aus tiefster Überzeugung für einen sauberen Sport geworben und gearbeitet habe." Bis auf eine Person hatte von den zehn Präsidiumsmitgliedern bei der geheimen Abstimmung keiner Gnade mit dem langjährigen Vorzeigeathleten gekannt. "Es wurde sehr ausführlich, aus einer großen Betroffenheit heraus diskutiert", sagte Digel. Die mögliche Schadensersatzforderung kam ebenfalls zur Sprache. "Ich habe die Mitglieder darauf hingeweisen, dass sie dieses Risiko mittragen müssen", berichtete der DLV-Präsident. Die Tatsache, dass der Verband allein diese Verantwortung trage und keine nationale oder internationale Dachorganisation, "können wir auf Dauer aber nicht akzeptieren".Bislang keine Hinweise auf "Mister X"
Für die Funktionäre gab es keinen Nachweis, dass es tatsächlich die Verwendung der Zahnpasta war, die zu den erhöhten Nandrolonwerten in Baumanns Urin geführt hat. Ebenso fehlte ihnen der Beweis, dass ein "Mister X" die Paste manipuliert hat. Inzwischen ist in zwei Tuben im Hause Baumann Spuren des verbotenen anabolen Steroids 19- Norandrostendion gefunden worden. Der 34-Jährige hat Anzeige wegen Körperverletzung gegen Unbekannt gestellt und 100.000 Mark Belohnung für die Ergreifung des Täters ausgesetzt.
Mittwoch, 1. März 2000
Debatte um Rechtmäßigkeit von Dopingverfahren
Köln (dpa) - Der Fall Baumann hat die Diskussion um die Rechtmäßigkeit von Dopingverfahren neu angeheizt. Im Konstanzer Arbeitskreis für Sportrecht sind Bedenken gegen die allgemein übliche Beweisführung in Dopingverfahren laut geworden.
Die Praxis, nach der ein Athlet, in dessen Körper eine verbotene Substanz gefunden wurde, seine Unschuld beweisen muss, wurde kritisch hinterfragt. «Die Beweislastumkehr ist nicht haltbar. Wenn man eine verbotene Substanz im Körper gefunden hat, rechtfertigt das allein noch keine Sperre», sagte das Vorstandsmitglied der renommierten Sportrechtler- Vereinigung, Volker Röhricht, beim
Doping-Forum des Arbeitskreises in Köln.Einen anderen Standpunkt vertrat der Richter am Bundesverfassungsgericht, Prof. Udo Steiner, in einem verlesenen Referat. «Ein Sportgerichtsverfahren, dass den Athleten in dieser Situation grundsätzlich die Last der Selbstentlastung auferlegt, stellt sich keineswegs außerhalb des allgemeinen Zivilverfahrens im Beweisrecht», heißt es darin. Die Beweislastumkehr sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu diesem Kernpunkt der Diskussion gab es allerdings auch abweichende Ansichten. Im aktuellen Fall des unter Dopingverdacht stehenden Dieter Baumann, versucht der 5000-m-Olympiasieger nachzuweisen, dass der verbotene Wirkstoff Nandrolon durch Manipulation an seinen Zahnpastatuben in seinen Körper gelangt ist.
In Gerichtsverfahren außerhalb des Sports ist die Beweislage umgekehrt, dort muss der Ankläger dem Beschuldigten die Tat nachweisen. Auch der frühere Athletensprecher des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) und Rechtsreferendar, Wolfgang Kreißig, monierte die gängige Praxis: Die Beweislastumkehr gebe dem Sportler keine Chance.
Den Sportverbänden sei aber ebenfalls nicht zuzumuten, dass sie wie eine Staatsanwaltschaft die Schuld des Sportlers beweisen müssten, sagte Röhricht, der als Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof (BGH) tätig ist. «Würden wir das von einem Verband verlangen, gäbe es keine Dopingverfolgung mehr», sagte Vorstandsmitglied Prof. Klaus Viehweg.
Als Mittelweg, der sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch für die Dopingverfolgung akzeptabel sei, schlagen die Sportrechtler den so genannten Anscheinsbeweis vor. «Wenn ein Athlet eine gute Möglichkeit darlegt, dass es anders gewesen sein könnte, dann ist wieder der Verband am Zuge», erläuterte Rechtswissenschaftler Viehweg. Der Unterschied besteht darin, dass der Sportler nicht mehr seine Unschuld beweisen, sondern lediglich den Anscheinsbeweis der Anklage erschüttern muss. Gelingt das dem verdächtigten Athleten, wechselt die Beweislast zurück zum Verband. Für Baumann sieht Röhricht allerdings kaum Chancen: «Der Anscheinsbeweis ist erst dann widerlegt, wenn er beweisen kann, dass er die Tuben nicht selbst manipuliert hat.»
Die Juristen verfolgen den Fall Baumann mit Argusaugen. «Bisher haben wir noch keinen Fall Baumann gehabt, bisher wurden die Leute erwischt und haben die Strafe hingenommen. Oder ihre Geschichten waren absolut unglaubwürdig», sagte Viehweg, «so detailliert wie Baumann hat sich noch niemand verteidigt. Diesen Fall haben wir seit langem befürchtet.»
8.3. 2000
Weniger Hoffnung für Baumann
Stuttgart (dpa) - Dieter Baumann hat bei der Suche nach
Beweise für seine Anschlagstheorie einen Rückschlag erlitten.
Nach einem Bericht der «Stuttgarter Zeitung»
(Mittwochausgabe) kann das Kölner Doping-Analyselabor unter
der Leitung von Wilhelm Schänzer den Nachweis nicht bringen,
dass die im Urin des Olympiasiegers gefundenen
Dopingspuren auf die Einnahme des in zwei Zahnpastatuben
gefundenen Norandrostendion zurückzuführen sind.Dies hat der Tübinger Staatsanwalt Rolf Kindsvater der Zeitung
bestätigt. Zuvor hatte das Labor in Kreischa schon den
Nachweis nicht führen können. Ein Gutachten steht allerdings
noch aus. Das Institut für Biomedizinische und
Pharmazeutische Forschung (IBMP) in Nürnberg will die
Arbeiten Ende dieser Woche abschließen.Der Leiter Fritz Sörgel hatte sich in den letzten Wochen
optimistisch geäußert, einen möglichen Zusammenhang
zwischen der Zahnpasta und den positiven Dopingproben
herstellen zu können. Darüber hinaus will die Tübinger
Staatsanwaltschaft, die nach Baumanns Anzeige gegen
Unbekannt ermittelt, keine weiteren Gutachten in Auftrag
geben. «Wir können im Ermittlungsverfahren keine
Grundlagenforschung oder Feldversuche anordnen», erklärte
Kindsvater.Die Staatsanwaltschaft und Baumann erhoffen sich von den
wissenschaftlichen Erkenntnissen wichtige Hinweise. Wenn
allerdings ein Gutachter die Schlussfolgerung ziehen würde,
dass die verbotene Substanz im Körper des
Langstreckenläufers nicht aus den kontaminierten
Zahnpastatuben stammt, dann könnte Baumann seine
Anschlagtheorie nicht mehr aufrechterhalten und müsste sich
seinerseits wegen Vortäuschung einer Straftat verantworten.
16.3. 2000
Diack denkt nur positiv
Der IAAF-Chef glaubt BaumannDie vielen Fälle von Nandrolondoping haben Lamine Diack skeptisch gemacht. ¸¸Nur weil sie jetzt positiv sind, haben sie noch lange nicht betrogen'', sagt der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands über prominente Athleten wie Linford Christie, Merlene Ottey und Dieter Baumann.
Von Robert Hartmann
Der Senegalese Lamine Diack hat von einer neuen Nachdenklichkeit über die vielen Dopingfälle mit Nandrolon in einem Interview gesprochen, das er kürzlich in Monaco mit der britischen Tageszeitung ¸¸Daily Mail'' führte. Die hohe Anzahl des Missbrauchs von Nandrolon in seiner Sportart, der Leichtathletik, machte den 66-jährigen Präsidenten des Weltverbandes IAAF stutzig. Das ist kein Wunder, wenn mittlerweile schon 343 positive Fälle weltweit aufgelaufen sind, zumal bei einem Mittel, das kinderleicht im Urin nachgewiesen werden kann.
Dies hängt auch damit zusammen, dass die amerikanische Lebensmittel- und Arzneimittel-Kontrollbehörde FDA in Washington die Substanz für den Markt freigegeben hat. Die einfache Begründung: eine Leistungssteigerung ist, sofern die Substanz oral eingenommen wird, nicht nachweisbar. So taucht Nandrolon als Nahrungsergänzungsmittel inzwischen in vielen Produkten auf. Teilweise wird es nicht einmal mehr kenntlich gemacht. ¸¸Wir müssen herausfinden, warum die Athleten positiv sind'', sagt Diack. ¸¸Unsere Regeln kennen außergewöhnliche Umstände an und wenn diese existieren, können wir zustimmen, dass die Person die Regeln nicht gebrochen hat.'' Vor diesem Hintergrund muss das Forschungsprojekt gesehen werden, das der Internationale Leichtathletik-Verband jetzt in Auftrag gegeben hat. Zu klären wird zum Beispiel auch die wichtige Frage des Grenzwertes sein, von dem an überhaupt davon gesprochen werden kann, dass Nandrolon im Zusammenhang mit Doping zu sehen ist.
Sind die gültigen zwei Nanogramm für Männer und fünf Nanogramm für Frauen realistisch? Oder tritt ein Dopingeffekt erst bei einem dreistelligen Wert ein? Dieter Baumann, der vermutet, dass ihm die Substanz über zwei Zahnpastatuben untergeschoben wurde, war mit 20 Nanogramm dabei.
Diack sagt: ¸¸Wir ziehen unsere Erkundigungen ein, weil wir akzeptieren, dass irgendetwas geschieht, das wir nicht verstehen.'' Selbstverständlich sei er nicht überzeugt, dass Linford Christie, Merlene Ottey und Dieter Baumann am Ende ihrer aktiven Zeit auf die Seite der Betrüger gewechselt seien. Der Afrikaner nennt ausdrücklich diese in der Leichtathletik berühmtesten Namen, in deren Urin sich Abbauprodukte von Nadrolon fanden. ¸¸Christie entwickelt junge Athleten, er gibt dem Sport etwas zurück. Ottey ist unser Kinostar. Baumann ist der Europäer, der zeigte, dass es möglich ist, die Afrikaner zu besiegen, was eine wichtige Lektion für die Jugend in Europa war. Wenn sie positiv sind, ist es ein Desaster für unseren Sport.''
Warum, fragt sich Diack, hätten sie absichtlich mit dem Dopen beginnen sollen? ¸¸Und nur weil sie jetzt positiv sind, haben sie noch lange nicht betrogen. Der Deutsche Baumann hat richtig reagiert. Er bekämpfte seinen Verband nicht sofort vor einem nationalen Gericht. Ich würde mir wünschen, jeder würde so reagieren'', sagt Diack.
In Großbritanniens Leichtathletik ist unterdessen schon der fünfte Nandrolonfall innerhalb eines Jahres registriert worden. Im Urin des zweitklassigen Sprinters Michael Tietz wurde in A- und B-Probe das anabole Steroid nachgewiesen. Allerdings soll der 22-Jährige nicht suspendiert werden, bis der Verband entschieden hat, ob ein Dopingvergehen vorliegt.
19.5.00 (sid)
Gericht verhindert Baumann-Start
Mit Beschwerde gescheitert - "Athlet hat keine Rechte"
Dieter Baumann bleibt gesperrt und verliert seine Hoffnung auf die Olympia-Teilnahme in Sydney mehr und mehr: Ein halbes Jahr nach seiner Suspendierung durch den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) scheiterte der 35 Jahre alte Olympiasieger von 1992 mit der Beschwerde gegen eine zuvor zweimal abgewiesene Einstweilige Verfügung, an den deutschen 10.000-m-Meisterschaften am 27. Mai in Troisdorf teilnehmen zu können, die als erste Olympia-Qualifikationschance gelten.Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Darmstadt unter dem Vorsitz von Richter Franz-Robert Walter schmetterte in Frankfurt/Main den Versuch Baumanns und seiner Anwälte ab, endlich wieder Wettkämpfe bestreiten zu dürfen. Das Gericht stellte fest, der DLV dürfe sehr wohl den Anscheinsbeweis haben, dass gegen Baumann ein dringender Dopingverdacht besteht. "Dies ist in dem Verbandsverfahren von uns als nicht fehlerhaft erachtet worden, der DLV hat sich Verfahrens gemäß verhalten", so Walter. Nur über diese Frage entschieden die Richter.
Baumann war sichtlich geknickt. "Ich bin natürlich enttäuscht, weil dies ganz klar zeigt, dass der Athlet, wenn er des Dopings beschuldigt wird, keine Rechte hat", sagte der Läuferstar, der wegen der Dauerbelastung durch DLV und Justiz "psychologisch und psychisch" kaum noch in der Lage ist, parallel eine vernünftige Olympia-Vorbereitung durchzuführen. "Ich hätte mir ein Urteil gewünscht, das den Athleten schützt", äußerte Baumann.
DLV-Präsident Prof. Helmut Digel sagte bei einer Pressekonferenz in Dortmund: "Das ist bitter für Dieter Baumann. Aber ich denke, das Oberlandesgericht ist im wesentlichen unserer Rechtsposition gefolgt, nämlich dass zunächst das Verbandsrecht voll und ganz auszuschöpfen ist." Digel meinte auch: "Dieter ist nicht überführt, er steht aber weiterhin unter Dopingverdacht."
Seit November 1999 gesperrt
Das Gericht habe zum Ausdruck gebracht, dass das Anti-Doping-Verfahren des Verbandes von der Entscheidung gänzlich unberührt bleibe. "Die Sportgerichtsbarkeit hat weiterhin ihre Berechtigung", meinte Digel, der jedoch zu bedenken gab: "Ich halte es grundsätzlich für unglücklich, dass ordentliche Gerichte in dieser Phase in das Verfahren eingreifen."Der Tübinger ist vom DLV seit dem 19. November 1999 gesperrt, nachdem zwei Trainingskontrollen am 19. Oktober und 12. November stark erhöhte Nandrolonwerte ergeben hatten. Der für Bayer Leverkusen startende Baumann führt dies weiterhin auf Manipulation Dritter zurück, weshalb er bei der Staatsanwaltschaft Tübingen Anzeige gegen Unbekannt erstattet hat. Die Ermittlungsbehörde steht offenbar kurz vor dem Abschluss und kann ihre Ergebnisse wahrscheinlich schon in der kommenden Woche vorlegen. Erst danach will der DLV-Rechtsausschuss über eine nach wie vor wahrscheinliche Zweijahres-Sperre gegen Baumann entscheiden.
"Härtefall"
Unabhängig davon erklärte Clemens Prokop als DLV-Vizepräsident Recht am Donnerstag vor Gericht, dass der Verband Baumann dem Nationalen Olympischen Komitee (NOK) als "Härtefall" zur Nominierung vorschlagen will. Prokop: "Das Gericht hat ihm den Start für den 27. Mai verbaut, er muss zunächst wieder warten." Eine endgültige Entscheidung erwartet Prokop im Juni.Ein halbes Dutzend Kamerateams begleitete den schwäbischen Läuferstar in den Gerichtssaal, in dem rund 20 Medienvertreter der von Darmstadt nach Frankfurt verlegten Verhandlung folgten. Richter Walter legte den Streitwert des Beschwerdeverfahrens zunächst auf 100.000 Mark fest und ging nach den Anträgen der beiden Parteien in die Beweisaufnahme. Baumann erläuterte zum wiederholten Mal seine Zahnputz-Gewohnheiten ("Ich bin eher ein Abend-Zähneputzer") und untermauerte auf Nachfragen des Gerichts zudem seinen immer wieder geäußerten Verdacht der Manipulation.
"Zehn Mal pro Jahr Trainingskontrollen"
Richter Walter ließ sich von Baumann genau erklären, in welchen Zeitabständen Dopingkontrollen durchgeführt wurden. Der 35 Jahre alte Europarekordler, vertreten durch Anwalt Ulrich Germer und seinen Dauer-Rechtsbeistand Dr. Michael Lehner, ließ festhalten, dass in den vergangenen fünf Jahren "im Durchschnitt zehn Mal pro Jahr Trainingskontrollen bei mir stattfanden".Auch ein Indiz für Baumanns Glaubwürdigkeit, über das die Süddeutsche Zeitung in ihrer Donnerstag-Ausgabe berichtete, brachte das Gericht nicht auf Baumanns Seite. Demnach soll eine Blutkonserve Baumanns nachweisen, dass er bereits während der Wettkampfphase des vergangenen Jahres gedopt war, was die Annahme einer Manipulation stärke. Die Blutprobe war im Rahmen einer freiwilligen Testserie genommen und beim Kölner Anti-Doping-Labor als Konserve eingelagert worden. Baumann hatte die Blutprobe direkt bei einem Wettkampfbesuch gegeben. "Muss Baumann jetzt also auch als Deutschlands dümmster Blutspender gelten?", fragt die "Süddeutsche".
23.6. 2000
Dieter Baumann darf starten
Darmstadt (dpa) - Olympiasieger Dieter Baumann darf nach sieben Monaten Doping-Sperre wieder laufen. Der Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik-Verbandes hat die Suspendierung des 35- Jährigen aufgehoben. Von Seiten des Rechtsausschusses hieß es, der dringende Tatverdacht sei beseitigt. Baumann erklärte, es sei eine logische Entscheidung, die sich aus der Gesamtsituation der Indizien ergebe. Damit ist für den Langstreckenläufer der Weg frei, sich am Sonntag in Nürnberg für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.IAAF bestätigt: Baumann darf starten
Hamburg (dpa) - Der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) hat bestätigt, dass Dieter Baumann nach der Aufhebung seiner Suspendierung durch den Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik- Verbandes (DLV) sofort wieder Wettkämpfe bestreiten darf.«Er darf jetzt starten», erklärte IAAF-Generalsekretär Istvan Gyulai auf telefonische Anfrage der dpa in Paris. Gyulai will dies auch den Veranstaltern des Sportfestes am Sonntag in Nürnberg sofort bestätigen, «sobald ich aus Deutschland eine schriftliche Information über die Aufhebung der Suspendierung habe». Diese Bestätigung lag ihm bis zum frühen Nachmittag noch nicht vor. Der bisher unter Doping- Verdacht suspendierte Baumann will in Nürnberg die Qualifikationsnorm für die Olympischen Spiele in Sydney erfüllen.
25.6. 2000Baumann erfüllt Olympianorm
Nürnberg - Dieter Baumann hat ein überzeugendes Comeback als schnellster Weißer über 5.000 m gefeiert. Angetrieben von nach und nach anschwellenden Anfeuerungen unterbot der Leverkusener am Sonntag beim Leichtathletik-Sportfest in Nürnberg in 13:18,78 Minuten die Olympia-Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) um mehr als sechs Sekunden.
Als Siebter des Rennens war der 35-Jährige bester Nicht-Afrikaner hinter "Wunderläufer" Haile Gebrselassie aus Äthiopien, der in unverwechselbarer Weise seine Jahresweltbestleistung auf 13:01,07 Minuten drückte. "In erster Linie ging es nur ums Laufen. Ich wusste, dass ich was drauf habe und habe es umgesetzt", meinte der Europarekordler erleichtert nach seinem ersten Wettkampf nach fast achtmonatiger Suspendierung wegen Dopingverdachts....
Am Ende schaffte er die Olympia-Norm und kniete hinter dem Ziel erschöpft und von Gefühlen überwältigt auf der Bahn des Frankenstadions. "Wenn man es nur unter sportlichem Aspekt betrachtet, könnte man sagen, alles ist gut. Aber ich denke es war mehr als ein sportliches Rennen. Ich habe seit Februar gesagt, ich gehe davon aus, in Sydney zu laufen. Ich bin auf einem guten Weg. Ich glaube nicht, dass der Weltverband anders entscheidet als ein deutscher Rechtsausschuss nach einem sieben Monate dauernden Verfahren", erklärte Baumann.
16. Juli 2000
Vorerst keine Regressforderungen von Baumann
Stuttgart - Dieter Baumann wird laut seines Anwaltes Michael
Lehner (Heidelberg) vorerst keine Schadensersatzforderungen an
den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) richten. Zunächst stünde
seine Olympia-Vorbereitung im Vordergrund. Die rechtliche
Aufarbeitung des Falles werde jedoch nicht ruhen, da seinem
Mandanten Schaden entstanden sei. Das weitere Vorgehen hänge
natürlich auch davon ab, wie der DLV seinen Mandaten in den
nächsten Wochen behandeln würde.
2. August 2000
Baumann ist sich über Olympia-Teilnahme sicher
Monte Carlo (dpa) - Dieter Baumann ist sich sicher, dass er bei der Olympiade in Sydney starten kann. Er habe nie daran gezweifelt,
sagte Baumann heute der dpa/Rufa. Der Fall Dieter Baumann geht allerdings in die nächste Runde. Er kommt vor das Schiedsgericht
des Internationalen Leichtathletik-Verbandes. Mit dieser Entscheidung widersetzte sich das Council dem Freispruch des
Rechtsausschusses des Deutschen Leichtathletik- Verbandes. Das Schiedsgericht wird voraussichtlich erst nach den Olympischen
Spielen in Sydney tagen.
18.9.2000IAAF sperrt Baumann für zwei Jahre
Sydney - Jetzt ist es amtlich. Nach dreitägigen Hin und Her hat das Schiedsgericht des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF) ein Urteil gesprochen: Dieter Baumann wird nicht bei den Olympischen Spielen in Sydney starten. Der 35-jährige 5000-m-Olympiasieger von 1992 wurde wegen Dopings rückwirkend für zwei Jahre gesperrt.
Dies bestätigte IAAF-Generalsekretär Istvan Gyulai der dpa. Nach dreitägiger Verhandlung erkannte das Arbitration Panel den Freispruch Baumanns durch den Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) nicht an. Im Herbst 1999 war im Urin des Tübingers bei zwei Dopingproben das verbotene Mittel Norandrostendion gefunden worden.
Er könne bestätigen, dass das Arbitration Panel befunden hat, dass es um einen Dopingverstoß geht und Baumann für zwei Jahre gesperrt werde, erklärte Gyulai. Gegen das Urteil gibt es für Baumann keine Einspruchsmöglichkeit. Nach IAAF-Regeln ist diese Entscheidung endgültig und für alle bindend. Man erwarte, dass dieser Prozess jetzt abgeschlossen sei, sagte der Generalsekretär. Baumanns Anwalt Michael Lehner hatte hingegen zuvor bereits für den Fall einer Sperre juristische Schritte angekündigt.
Drei Tage in Folge hatte das Arbitration Panel in Sydney verhandelt. Dabei war auch Dieter Baumann als Zeuge des von der IAAF beklagten DLV angehört worden. Er hatte die zu hohen Werte der anabolen Substanz auf einen Anschlag gegen sich zurückgeführt, nachdem zwei mit Norandrostendion verunreinigte Zahnpastatuben in seinem Haus gefunden worden waren. Zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung hielt sich der Schwabe im Trainingslager der deutschen Mannschaft in Brisbane auf. Für den ehemaligen 5000-m- Europarekordler wären es die vierten Olympischen Spiele gewesen
10.2. 2001Baumann muss weiter kämpfen
(sid)- Der wegen Dopings gesperrte Dieter Baumann darf weiter nicht an nationalen Wettbewerben teilnehmen. Der Olympiasieger von 1992 ist mit einem Antrag auf ein nationales Startrecht vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart aus "formalen Gründen" gescheitert. Der 5000-Meter-Olympiasieger von Barcelona, der vom Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) für zwei Jahre bis zum 21. Januar 2002 gesperrt wurde, hat gegen das Urteil bereits Beschwerde beim 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart eingereicht. Sollte er dort erneut abgewiesen werden, bleibt Baumann in letzter Instanz nur noch der Gang vor das Bundesverfassungsgericht.Zudem hat der Tübinger über seinen Anwalt Michael Lehner eine 50-seitige Klageschrift bei der IAAF eingereicht und hofft, dass das Verfahren dort im Mai beginnen kann. Ob Baumann auch gegen den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) vorgehen wird, ist dagegen offen. Der DLV-Rechtsausschuss hatte ihm am 22. Dezember gestattet, den DLV vor einem ordentlichen Gericht zu verklagen.
Baumann war bei Dopingproben am 19. Oktober und am 12. November 1999 nandrolon-positiv getestet worden. Die IAAF hatte den 36-Jährigen am 18. September 2000 gesperrt und damit einen vorherigen Freispruch des Unabhängigen Rechtsausschusses des DLV aufgehoben. Das DLV-Präsidium beschloss daraufhin, wegen der geringen Erfolgsaussichten auf eine juristische Auseinandersetzung mit dem Weltverband zu verzichten.
(wird fortgesetzt)