Krafttraining und Trainingsmethoden
Text: Beim Krafttraining ist weniger oft mehr
Die Erscheinungsformen der Kraft (Kraftarten / Maximalkraft, Schnellkraft, Reaktivkraft, Kraftausdauer) und die verschiedenen Trainingsziele werden durch bestimmte Trainingsarten und -methoden herausgebildet. Zunächst sollte bei allen Kraftarten eine Verbesserung des Muskelquerschnitts angestrebt werden (= Muskelaufbautraining/Maximalkraft).
- Für den Fitness-, Gesundheits- und Rehabilitationsbereich ist der Muskelaufbau die vorwiegende Trainingsmaßnahme.
- Die Schnellkraft wird nur über die Maximalkraft angesteuert, und zwar in der Reihenfolge: Zuerst Muskelaufbau bis zu einem relativen Optimum, dann Verbesserung der intramuskulären Koordination und anschließend gesondertes Training zur Verbesserung der Muskelkontraktionsgeschwindigkeit (= Schnellkraft). Das spezifische Schnellkrafttraining kann auch bereits parallel zur Maximalkraftentwicklung durchgeführt werden.
- Für den Kraftausdauerbereich sind zwei Wege möglich:
Entweder über die Maximalkraft, d. h. also zunächst Muskelaufbau, dann intramuskuläre Koordination (IK), oder über die verstärkte lokale Muskelausdauer (aerobe Energiebereitstellung).
Maximalkrafttraining - Muskelaufbau
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Der erste Schritt zur Maximalkraftsteigerung ist stets eine Muskelfaserquerschnittsvergrößerung mittels des Muskelaufbautrainings (MA).
Die Muskelfaserquerschnittsvergrößerung (= Hypertrophie) beruht auf einer Vergrößerung der Myofibrillenzahl (bedingt durch eine Vermehrung der Sarkomere) innerhalb der einzelnen Muskelfasern.Im Zusammenhang mit der Hypertrophie treten auch morphologische und funktionelle Veränderungen des versorgenden Nervensystems ein (z. B. zusätzliche Aufzweigung motorischer Nerven). Umstritten ist bis heute, ob es auch zu einer Vermehrung der Zahl der Muskelfasern kommt (Hyperplasie).
Dabei hypertrophieren die in der Muskulatur vorhandenen weisen, schnellen (FT-Fasern) und roten, langsamen (ST-)Fasern auf Trainingsreize unterschiedlich:
- Bei langsamen langen bzw. hohen Beanspruchungen (Intensität ca. 40-60%) oder bei langsamer dynamisch-negativer Arbeit hypertrophieren die roten, langsamen Fasern.
Hierfür wird die Trainingsart des Muskelaufbautrainings angewendet .
- Bei Bewegungen gegen hohe Widerstände (Intensität ca. 60-80%) mit hierfür höchstmöglicher Geschwindigkeit hypertrophieren mehr die schnellen Fasern.Trainingsmethode
Voraussetzung für eine Muskelquerschnittsvergrößerung ist eine entsprechend lange Reizdauer, d. h., es muß mit hohen Wiederholungszahlen, die aber nur geringe bis mittlere Widerstandsgrößen zulassen, trainiert werden. Im einzelnen:
Intensitätsbereiche: 40-60% der jeweiligen maximalen Übungsbestleistung. Wiederholungszahlen: 12-8.
Bewegungstempo: mittleres Bewegungstempo; langsam und ohne Unterbrechungen für extremen Muskelzuwachs
Sätze (= Serien): 3-5 für wenig Geübte, 5-8 für Leistungssportler. Pausen zwischen den Sätzen: 1-2 Minuten.Belastungsmerkmale
Maximalkrafttraining - Intramuskuläre Koordinationsverbesserung- Methode hoher und höchster Intensitäten -
Die synchrone Aktivierung der höchstmöglichen Zahl von Muskelfasern nennt man intramuskuläre Koordination (IK).
Voraussetzung für eine optimale Erhöhung derIntramuskulären Koordination ist eine große Querschnittsfläche der kontraktilen Muskelfasern, in diesem Fall vorallem der schnellen Fasern.
Die Kombination von MA- und IK-Training erst ergibt die eigentliche Maximalkraft (MK).Das intramuskuläre Koordinationstraining
Der untrainierte Mensch ist nicht in der Lage, eine sehr hohe Anzahl seiner motorischen Einheiten in der Muskulatur synchron zu aktivieren. Durch intramuskuläres Koordinationstraining kann dies jedoch erreicht werden, was für mit Krafttraining bereits vertrauten Sportlern zu einem hohen und schnellen Kraftzuwachs führt. Dass es bei dieser Trainingsart zu keinem bzw. eventuell nur zu geringem Muskelzuwachs kommt, ist durch die submaximalen und maximalen Belastungen bedingt, die nur geringe Wiederholungszahlen und somit auch nur eine kurze Reizdauer zulassen. Mangels Muskelzuwachs kann in diesem Fall der zu erwartende Kraftgewinn nur auf eine Verbesserung von nervalen und biochemischen Faktoren zurückgeführt werden.
Trainingsmethoden
Voraussetzung für eine Aktivierungs- bzw. Innervationserhöhung motorischer Einheiten ist ein Krafttraining mit Belastungen ab 75 bis 95 (100) und mehr Prozent der aktuellen maximalen Kraftfähigkeiten.
Um einen Anpassungseffekt des neuromuskulären Systems bzw. eine Leistungssteigerung zu gewährleisten, muss z. B. die Belastungsgröße von 75% in 5 bis 8 Sätzen mit 4 bis 5 Wiederholungen trainiert werden.
Für Ungeübte kommt daher ein intramuskuläres Koordinationstraining nicht infrage.Zwei Methoden:
1. Methode hoher und höchster Intensitäten
Intensitätsbereiche: 75-95% der jeweiligen maximalen Übungsbestleistung. Wiederholungszahlen: 5-1, d. h., bei 75%-5x, 80%-4x, 85%-3x, 90%-2x, 95%1 x.
Anwendungsbeispiel: Planziel 6 Sätze beim Bankdrücken mit 75%, d. h., 6x5 Wiederholungen mit 75 kg = 30 Wiederholungen (bei momentaner Maximalkraft von 100 kp).
Bewegungstempo: langsam-zügig (bedingt durch die sehr hohen Lasten). Sätze: 5-8 (je geringer Wiederholungszahl, desto mehr Sätze).
Pausen zwischen den Sätzen: 1-2 Minuten.2. Methode reaktiver Belastungen
Trainingsübungen: Tiefsprünge, ,Beinstöße,, ·Schlagstöße· u. ä. intensitätsbereich: 100 und mehr Prozent. Wiederholungszahlen: 6-10.
Bewegungstempo: explosiv. Sätze: 6-10.
Pause zwischen den Sätzen: 2 Minuten.Bedeutung der Muskeldehnfähigkeit
Für eine optimale IK-Verbesserung ist nur ein dehnfähiger Muskel prädestiniert. Warum?
Bei einer starken Hypertrophie der Muskelfasern kommt es bei Beanspruchung des Muskels zu einer frühzeitigen Aktivierung von Rezeptoren an den Sehnen, die offensichtlich eine Hemmfunktion auf die Motoneurone des Muskels bewirkt (dies ist auch teilweise ein Schutz der Sehne vor Überbeanspruchung). D. h. für die Praxis des Maximalkrafttrainings, dass die Massenzunahme des Muskels mit Dehnübungen verbunden werden muss. Die hierdurch ausgelösten Anpassungsvorgänge in Muskeln und Sehnen verhindern ein vorzeitiges Auslösen von Hemmungen bei Muskelkontraktionen.
Kombiniertes Maximalkrafttraining - Pyramidentraining
Basis dieser Trainingsart ist eine Kombination beider biologischer Möglichkeiten zur Maximalkraftsteigerung, nämlich zum einen durch Hypertrophie der Muskulatur als Folge eines Trainings mit geringeren Widerständen und hoher Wiederholungszahlen und zum anderen durch Verbesserung der intramuskulären Koordination als Folge eines Trainings mit hohen Widerständen und geringen Wiederholungszahlen.
Pyramidentraining
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Trainingsmethoden
Abhängig von der Zielstellung werden beim Pyramidentraining 4 bis 5 Übungen mit 5 bis 10 Sätzen pro Übung, also etwa 30 bis 40 Sätze (Serien) pro Trainingseinheit durchgeführt. Bezüglich der Zielstellung kann einmal der Kraftzuwachs primär durch Hypertrophie der Muskulatur angestrebt werden, zum anderen primär durch Verbesserung der intramuskulären Koordination. Wird der Kraftzuwachs primär durch Hypertrophie der Muskulatur angestrebt, stehen die hohen Wiederholungszahlen (längere Reizdauer) im Vordergrund. D. h., die Wiederholungszahlen 1 bis 2 oder 1 bis 3 entfallen. In diesem Fall spricht man von einem abgestumpften Pyramidentraining(s. Pyramide 2)
Wird hingegen der Kraftzuwachs primär durch Verbesserung der intramuskulären Koordinarion angestrebt, stehen die niedrigen Wiederholungszahlen (hohe Reizintensität) im Vordergrund. D. h., die Wiederholungszahlen 5 bis 8 oder 6 bis 8 entfallen. Hier spricht man von einem normalen Pyramidentraining.(s.Pyramide 1)Bei der doppelten Pyramide (3) wird zur Erzielung eines ausreichenden Trainingseffekts die Wiederholungszahl verdoppelt.
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