Ausdauertraining und Gesundheit


     

    .. Wirkungen des Ausdauertrainings auf das Herz-Kreislaufsystem, die Atmung, den Stoffwechsel und das Blut  lassen sich problemlos messen. Ein Ausdauertraining verbessert die Leistungsfähigkeit des Sportlers.

    Aber ist ein Ausdauertraining auch gesund? 
    Oft wird Personen, die ihre Gesundheit verbessern wollen, ein Ausdauertraining vorgeschlagen. Mediziner und z. B. auch die Krankenkassen empfehlen Ausdauersport vor allem zur Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Warum eigentlich?

    Andererseits warnen kritische Stimmen auch vor Überlastungsschäden. Wann ist Ausdauersport problematisch ?

    Auch wenn Ausdauersport grundsätzlich eher positiv für die Gesundheit gesehen wird,
    gibt es dabei auch kontroverse Auffassungen:

    Die Gesundheitsdefinition der WHO

     
    Ist körperliche Fitness auch Gesundheit?
    Wann wird Ausdauertraining ungesund ?
    Was ist das überhaupt - Gesundheit ?
    Kann man durch Ausdauertraining dem Alterungsprozess      entgegenwirken?
    Leben Ausdauersportler länger ?
    Texte
  • Man kann 20 Jahre lang 40 bleiben
  • Mehr Lebensqualität durch maßvolles Sporttreiben
  • "Sport wie eine Tablette verschreiben"
  • Millionen Hobbysportler gefährden ihre Gesundheit
  • Wieviel Sport braucht der Mensch ?
  • Hochgefühl durch Sport 
  • Strapazen, die zu Herzen gehen"
  • Wenn Sport gesund sein soll, muss er auch Spaß machen!
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    Arbeitsblatt: Ausdauertraining und Gesundheit
     

    Weitere Informationen und Materialien zum Thema Sport und Gesundheit

    Cartoon




     
        Man kann 20 Jahre lang 40 bleiben

        "Man kann 20 Jahre lang 40 bleiben", stellte Professor Dr. Dieter Böhmer (Sportmedizinisches Institut Frankfurt) beim 18. sportmedizinischen Vortragsabend des Sportkreises Wiesbaden in seinem Referat über Seniorensport fest.
         
            Daß der Sport nur der Jugend vorbehalten ist, sei schlichtweg falsch. Professor Böhmer ließ im Großen Saal der Industrie- und Handelskammer keinen Zweifel daran, daß man einen Körper bis ins 80. Lebensjahr hinein trainieren könne.
            Auch wenn im Alter die körperliche Leistungsfähigkeit nachlasse, sei "Altersschwäche oft nur ein schlechter Trainingszustand". Allerdings sollte man nichts übertreiben, sonst könne nämlich der angestrebte gute Effekt leicht ins Gegenteil umschlagen. Deshalb sollte man erst einmal die Grenze der Belastbarkeit erfassen und mehr Wert etwa auf Ausdauer als auf Schnelligkeit legen. Auch auf sportmedizinische Vorbeugeuntersuchungen, wie beispielsweise ein EKG, sollte man zumindest dann, wenn man das 40. Lebensjahr überschritten hat, nicht verzichten.
            Bei einem täglichen Training von mindestsns zehn Minuten bis höchstens einer Stunde bei konstantem Puls 130, wobei auch 140/150 noch nicht gefährlich wären, könne man positive Auswirkungen auf die Gesundheit erzielen: Die Sauerstoffaufnahmefähigkeit, die in einem Alter von 30 bis 70 Jahren nachläßt, kann wieder gesteigert werden, was sich positiv auf das. Herz-Kreislauf-System auswirkt, die Gefahr von Herzinfarkten durch Blutgerinnsel und Cholesterin wird deutlich vermindert, der Blutdruck wird gesenkt und der Arthrose kann entgegengewirkt werden.
            Am besten geeignet seien "mittelschwere Belastungen" wie Bergwandern, Laufen und Radfahren, Sportarten, bei denen mehr als 30 Prozent der Maximalkraft benutzt werden oder aber ein "Ausdauersport mit einer Kraftkomponente", wie zum Beispiel Schwimmen.
            Am effektivsten sei das Training unter einem Ubungsleiter, da dieser bei der Auswahl der Ausrüstung, bei der Aufstellung eines Trainingsplanes und bei der Aneignung der richtigen Technik behilflich sein und, wie in der anschließenden Diskussion angemerkt wurde, für den nötigen "Druck" sorgen könne, den so mancher braucht, um nicht vorzeitig zu kapitulieren. Dabei sollte er aber die Freude am Sport nicht nehmen.
            Sport verbessert also die Gesundheit, die nach Böhmers Definition nicht nur körperliches, sondern auch psychisches und soziales Wohlbefinden umfaßt und kann helfen, lange aktiv zu sein.
        (Wiesbadener Kurier, 10.11.1989)

        Mehr Lebensqualität durch maßvolles Sporttreiben

        Regelmäßige körperliche Betätigung in begrenztem Umfang ist die beste Vorbeugung für Menschen im höheren Lebensalter
        Winston Churchills eingängige Formel "No sports, whisky only", die gelegentlich augenzwinkernd als Freibrief für genußvolle Aktivitäten verwendet wird, ist hierzulande gründlich mißverstanden wor den. Dies jedenfalls ist die Ansicht des Kölner Sportmediziners Professor Richard Rost. Mit "sports" sei nämlich im Englischen nicht jegliche sportliche Betätigung, sondern eindeutig Spitzensport gemeint. Den aber habe der britische Premier nicht getrieben, sehr wohl indes anderen Sport, etwa Polo und Bergsteigen.

        Überliefert ist beispielsweise, daß Churchill noch in hohem Alter den Kilimandscharo in Afrika erstiegen hat, trotz offenbar starkem Zigarren- und Whiskykonsum. Ein Vorbild wäre er damit aus heutiger Sicht nur bedingt, denn die Vermeidung von Risikofaktoren - etwa des Rauchens - gehört zur erklärten Gesundheitsstrategie der modernen Medizin. Der Sport spielt dabei eine erhebliche Rolle, wie auf einem von der Bayer AG veranstaltsten Seminar zum Thema "Sport im Alter" in Köln hervorging.

        Insgesamt zeigt sich nach Darstellung Rosts, der an der Sporthochschule Köln das Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin leitet, infolge der demographischen Umschichtung auch eine Änsderung der Sportinteressen. Der Durch schnittsbürger ist heute nicht mehr der junge und gesunde Mensch,sondern zunehmend der Ältere, der kaum noch als wirklich gesund zu bezeichnen ist.
        "Für den Menschen ab 40 läßt sich Gesundheit als der Irrtum definieren, noch nich in unserem Institut untersucht worden zu sein", meint Aast Klar bekannte sich der Kreislaufforscher zu dem manchmal belächelten Wort vom "gesunden Sterben". "Was ist Ihnen lieber", fragte Rost. "Mit 72 auf dem Golfplatz den Sekundentod zu sterben oder bis 79 in einem Altenheim dahinzusiechen?"

        Vom 40. Lebensjahr an können bei praktisch jedem - mehr oder minder ausgeprägt - Risikofaktoren oder sogar schon deutlich erkennbare Krankheitszeichen ausgemacht werden. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland aber ist inzwischen über 40 Jahre alt. Daher ändern sich auch die Ansprechpartner im Sport. "Sportverbraucher", so meint Rost, ist schon heute nicht mehr allein der Junge und Gesunde, vielmehr sind zunehmend immer mehr Ältere sportlich aktiv, insbesondere auch Seniorinnen.

        Tatsächlich hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung seit Beginn des Jahrhunderts von 40 Jahren für den Mann und 42 Jahren für die Frau auf 72 und 79 Jahre erhöht. Dabei ist freilich die Lebenserwartung nicht insgesamt gestiegen - unser Leben währet 70 oder 80 Jahre, sagt die Bibel. Es zeigt sich vielmehr, daß immer mehr Menschen "diesen uns zustehenden Rahmen" (Rost) ausschöpfen. Voraussehbar ist, daß in 50 Jahren die Zahl der Altenheimbewohner etwa genau so groß sein wird wie die Zahl der Kinder in Schulen und Kindergärten.

        Somit geht es nach Ansicht des Sportmediziners nicht eigentlich darum, Jahre an das Leben zu fügen, sondern mehr Leben in unsere Jahre zu bringen. Auch  Untersuehungen verweisen darauf, daß dem Sport - oder genauer körperlicher Bewegung - dabei neben Ernährung und allgemeiner Lebensweise eine Schlüsselrolle zukommt.

        Auch der ältere Mensch kann seine gesundheitliche Lage verbessern. Vorbeugung ist keineswegs auf die jüngeren Jahrgänge beschränkt, sondern lohnt sich, wie zahlreiche Studien belegen, auch mit zunehmenden Lebensjahren. Da8 dies auch bereits erkannt wird, belegt nach Darstellung des Dortmunder Sportmediziners Professor Klaus Völker die wachsende Anzahl der Menschen im Alter von 50 und 70 Jahren, die sich in Fitness-Studios trimmen wollen.
        Völker begrüße ausdrücklich diese Entwicklung. Training in auch kommerziell betriebenen Studios sei geeignet, den Faktor "Kraft" in gymnastische Übungen zu integrieren und somit wenigstens einen Teil der im Alter nachlassenden Kräfte, die für den Alltag unerläßlich seien, zu mobilisieren. Nach seiner Ansicht kann zudem ein gut geführtes Fitneß-Studio individuell abgestimmte Programme auch für Ältere liefern, die sie sonst kaum erhalten könnten.
        Noch älter zu werden, ist heute wohl eher eine Illusion. Ein hohes Altsr in verhältnismäßig guter Gesundheit zu erreichen aber kann jeder - es sei denn, ihn würfen Schicksalschläge aus der Bahn. "Möglichst gesund zu sterben", wie es der Sportmediziner Rost formulierte, läßt sich mit etwas mehr körperlicher Aktivität erreichen: "Der Sport kann sicher zu mehr Lebensqualität beitragen."
        Vom 30. Lebensjahr an vermindert sich unwiderruflich die Leistungsfähigkeit etwa um ein Prozent pro Jahr. Dies Iäßt sich, wie Völker sagte eindeutig nachweisen. Auch die Muskelkraft nimmt ab, nicht in gleichem Maße wie die Herzkreisleistung, aber doch spürbar. Wenn man nicht gegensteuert verliert man 30 bis 40 Prozent der Maximalkraft bis zum 80. Lebensjahr.
        ...

    K. Dallibor in FR vom 13.6. 92

      "Westfälische Rundschau"
       
        "Sport wie eine Tablette verschreiben"

         "Wir müssen den Sport fördern, um Krankheiten zu verhindern." Fitness-Experte Joachim Wehmeier brachte auf den Punkt, wofür sich Mitarbeiter der Universität Bielefeld und der SALUTO-Gesellschaft in Halle engagieren. Auf dem Forum dieser Zeitung zum Thema "Sport und Gesundheit" informierten Wehmeier und sechs weitere Mediziner und Sportwissenschaftler über Möglichkeiten, die Gesundheit durch geeignetes Training zu stärken."
        Sport muß verschrieben werden wie eine Tablette", erläuterte Dr. Heinrich Körtke, Oberarzt am Herzzentrum Bad Oeynhausen, den geladenen Gästen aus Unternehmen und Krankenkassen der Region. Früher habe ein Arzt seinen Patienten einfach nur pauschal gesagt: "Treiben Sie Sport, dann wird´s schon besser."
        Heute habe sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, daß zu intensives Training (und die falsche Sportart) eher schade als helfe. Die wöchentlich Dosis müsse stimmen.




        Kaum jemand schätzt Leistungsfähigkeit richtig ein

        Millionen Hobbysportler gefährden ihre Gesundheit

        Sport ist Mord, sagen die Kollegen, die abends lieber auf dem Sofa hocken. Zuviel Sport, dazu noch in Kombination mit starker beruflicher Belastung, kann tatsächlich krank machen, sagt Dr. Elmar Wienecke: "Untersuchungen haben ergeben, daß bis zu 90 Prozent jener Hochleistungssportler, denen eigentlich die körperliche Grundlage fehlt, eher krebskrank werden." Ihr Immunsystem ähnele dem eines Aids-Patienten, zitiert er den Kölner Wissenschaftler Gerhard Uhlenbruch, der Körper sei extrem anfällig.

        Für die verdutzten Zuhörer, die kurz davor sind, ihre Sportschuhe in die nächste Mülltonne zu kicken, hat er einen Rat parat: "Nach persönlicher Leistungsfähigkeit trainieren, individuell angepaßt." Damit könne man nicht nur gesundheitliche Schädigungen vermeiden, sondern auch einen größeren Trainingseffekt erzielen. Doch allzu häufig gelte immer noch die Maxime: "Je mehr ich mich anstrenge, desto besser."

        Ein weiteres Problem sei die mangelnde Fähigkeit der meisten Menschen, ihre Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen. "80 Prozent der Hobbysportler belasten sich zu hoch", zitiert Wienecke einschlägige Untersuchungen. Daß sie die (Über-)Anstrengungen dennoch als angenehm empfinden, liege an den sogenannten Endorphinen. Diese Hormone schüttet der Körper aus, wenn er stark in Anspruch genommen wird. Das kurzzeitige Rauschempfinden sei zwar nicht unangenehm, verhindere jedoch eine realistische Einschätzung des eigenen Fitneßgrades.

        Markus F. (Name geändert) ist so ein Sportler der harten Sorte. Mit seinem Mountainbike flitzt der 23jährige Student fünfmal in der Woche durch den Teutoburger Wald, belastet sich an den Steigungen "bis zum Anschlag". "Das stärkt vielleicht die Willenskraft" sagt Wienecke: "Seinem Körper tut es allerdings überhaupt nicht gut." Die Untersuchung der Harnstoffwerte bringt´s an den Tag - Erholung findet bei Markus F. nicht mehr statt.

        Krankheiten und Verletzungen sagt Wienecke dem Studenten voraus - falls er sein Training nicht umstelle. Bei SALUTO wird Markus F. durchgecheckt. Schließlich hat er´s schwarz auf weiß. Er sollte seine Sporteinheiten schleunigst reduzieren, weniger und mit geringerer Intensität trainieren. Wienecke:"Und das wird trotzdem enormen Effekt haben."




        Wieviel Sport braucht der Mensch ?
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        Skeptiker kritisieren indes die einfache Gleichung Sport = Gesundheit. "Überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit ist keine Gewähr für Gesundheit ", gibt etwa der Mainzer Sportwissenschaftler HansVolkhart Ulmer zu bedenken. Bester Beleg seien Spitzensportler, die für einen Rekord ihr Wohlergehen aufs Spiel setzen und ständige ärztliche Kontrolle brauchen.
        Einen kräftigen Kreislauf mit Gesundheit gleichzusetzen entspricht in der Tat dem verkürzten biologisch-funktionalen Menschenbild der Schulmedizin. Und zu Recht weisen Kritiker immer wieder darauf hin, daß der Zusammenhang von Training und längerem Leben bislang nicht hieb- und stichfest erwiesen ist. Die epidemiologischen Studien können meist nicht unterscheiden, ob jemand gesund bleibt, weil er körperlich aktiv ist, oder ob er sich viel bewegt, weil er gesund ist. Sport bildet außerdem mit anderen Variablen wie der Ernährung ein verzwicktes Wirkknäuel, aus dem sich die einzelnen Effekte nur schwer herauslösen lassen.
        Doch trotz solcher Mängel müssen Zweifler anerkennen, daß mittlerweile starke Indizien für einen Schutz vor Herz-Kreislauf Leiden und für eine - rnit ein bis zwei Jahren allerdings geringe - Lebensverlängerung vorliegen. Dazu reicht, selbst für Experten verblüffend, schon ein moderates Trainingspensum.
      (aus Geo-Wissen: Körper-Bewegung-Gesundheit)
       
      Hochgefühl durch Sport
    Offensichtlich ist wirklich etwas an dem, was der Philantrop Salzmann 1797 feststellte: "Wer den Himmel schon diesseits genießen will, der muß notwendig auf seinen Körper mehr Aufmerksamkeit verwenden." Jeder, der Sport treibt, hat so seine Erfahrungen, wie es ihm beispielsweise während eines Tennisspiels oder danach ergeht. Die Erlanger Psychologin Aberle Brehm hat das "Sich-Wohlfühlen-Phänomen" im Sport mit Zahlen belegt. Etwa 75 Prozent der Sportler, die von ihr befragt wurden, erleben eine Wohlbefindenssteigerung, zehn Prozent hatten keine Veränderung verspürt und 15 Prozent fühlten sich hinterher schlechter, wenn auch nur geringfügig.

    Auch was sich verändert, wurde untersucht. Die Sport-Akteure fühlen sich nach dem Sport vor allem ruhiger (Steigerung von 25 Prozent), kamen in "gehobene Stimmung" (20 Prozent mehr , fühlten sich aktiver (14 Prozent mehr;. "Erregtheit und Ärger" verringerten sich um 13 beziehungsweise neun Prozent, Deprimiertheit und Energielosigkeit" sanken um zehn beziehungsweise acht Prozent. Die Psychologin, die auf diesem Gebiet Pionierarbeit in der Bundesrepublik leistet, stellte aber auch fest, daß diejenigen "Sportmenschen", die Bewegung als "Mittel zum Zweck" ansahen, weit weniger in "gehobene Stimmung" kommen. Ganz im Gegenteil: "Weil sie sich abquälen, um etwa Kilos abzurennen, sie aber ihr Ziel nicht erreichen, haben sie bald keine Lust mehr, brechen manchmal auch aus Frust die Aktivitäten wieder ab und ergeben sich ihrem Schicksal.

    Doch diejenigen, die das Wohlbefinden erleben, können langfristig gesehen ihren Streß besser verarbeiten, sindausgeglichener, finden eine positive Einstellung zum eigenen Körper. Nach längerem und regelmäßigem Sport erreicht so mancher das sogenannte "runner's high" (das LäuferHochgefühl), das zunächst einmal ein optimales psychisches und physisches Wohlbefinden sein kann. Aber manchmal schlägt es auch ins Gegenteil um. Hier gilt "allzuviel ist ungesund", dann nämlich wenn dieses Gefühl zur Euphorie, Bewegung zur Sucht wird. Es gab schon Fälle, daß Menschen unentwegt laufen mußten, weil Körper und Geist es verlangten.

    Unser Gehirn scheint schuld an diesem High-Gefühl. Bei großer körperlicher Anstrengung erzeugen die Gehirnzellen offensichtlich Opiumsubstanzen, die dieses Glücksgefühl möglich machen. Professor Dr. Wildor Hollmann vom Institut für Kreislaufforschung der Sporthochschule Köln, überraschte in einem spannenden Referat mit Thesen, die nach "experimentellen Befunden" wie er betonte, aufgestellt werden. Demnach kann sich der Mensch über sich selbst nur wundern. Also, wird eines Tages mit dem Gehirn als Leitstelle für Wohlbefinden nach dem Sport experimentiert?

    Bis jetzt jedenfalls stellte unser Verstand Sport in den seltensten Fällen nur mit Wohlbefinden gleich. Immer war Quälerei mit dabei. "Wenn's nicht weh tut, ist das kein Sport" ist ein Spruch, der manchem Schüler noch von seinem Sportlehrer während der Gymnastik im Ohr ist Für den einen ist es anstrengend spazieren zu gehen, andere erfinden Wettkämpfe wie Triathlon, in dem sie - so scheint es Aussenstehenden - sich zu Grunde richten - aber im Ziel machen sie einen ganz und gar zufriedenen und gesunden Eindruck. Leistungsorientiert ging es bisher meist auch im Breitensport zu - nicht zuletzt auch wegen des menschlichen Ehrgeizes. Doch viele muteten sich da zuviel zu, der Körper nahm es übel und sie ließen sich lieber im Sessel nieder. Die Technisierung unserer Welt hat außerdem das ihre zur Bequemlichkeit und Körpervernachlässigung beigetragen. Wer will sich nach einem mühsamen Acht-Stunden-Tag denn noch mit seinem erschöpften Leib beschäftigen?

    Doch Wohlbefinden ist in der hektischen, lärmreichen Welt nötiger denn je. Mehr Zeit für sich selbst, für seine Familie, für seine Freunde finden warum nicht beim Sport? Hans-Helmut Kämmerer, zuständig für den Breitensport  im DSB, will nicht, daß der Begriff Gesundheit im Zusammenhang mit Sport die Assoziation von Verzicht und Askese erweckt. "Es geht um mehr als funktionierende Bandscheiben und ein leistungsfähiges Herz. Erst, wenn der Sport mit Humor und Spaß interpretiert und gelebt wird, dann wird er zu einem Stück Lebensqualität, die vieles ausgleichen hilft, was uns noch zum Wohlfühlen fehlt" Sport zum Wohlfühlen also, ein Baumeln des Körpers und auch der Seele . . .

     (B. Schreiber-Rietig, in FR, 9.6.1985)

          "Strapazen, die zu Herzen gehen"

          Aber nicht nur Athletentraining tut Herz und Kreislauf Gutes. Dazu reicht schon ein bescheideneres Bewegungsprogramm. Vor allem ältere Menschen profitieren davon, denn ohne Training fällt die aerobe Ausdauer nach dem 30. Lebensjahr stetig ab. Wie leicht sich der Trend stoppen läßt, stellten Mediziner der Deutschen Sporthochschule fest: Sie ließen 55- bis 70jährige Männer, die jahrzehntelang keinen Sport getrieben hatten, dreimal die Woche jeweils 30 bis 40 Minuten auf Ergometern strampeln. Schon nach acht Wochen hatte sich die maximale Sauerstoffaufnahme um 18 Prozent erhöht. Die Probanden waren so leistungsfähig geworden wie 20 Jahre jüngere untrainierte Personen.
          Wer solch ein Minimal-Pensum jahrelang durchhält, stärkt nicht nur seine Ausdauer. Er mindert, dafür sprechen einige Studien, auch das Risiko, an Herzleiden zu erkranken. Den Schutzeffekt schreiben Wissenschaftler mehreren Phänomenen
          zu:

          • Ein trainiertes Herz benötigt weniger Sauerstoff, wodurch sich die Gefahr eines Infarktes verringert. Zudem dauert die Phase des Erschlaffens zwischen zwei Kontraktionen bei einem kräftigen Herzen länger. Vor allem in dieser Phase wird der Herzmuskel mit Blut versorgt.
          • Die Fließeigenschaften des Blutes verbessern sich: Die roten Blutkörperchen werden elastischer und passen sich leichter der Form der Kapillaren an. Das Herz kann seine Schlagkraft reduzieren.
          • Die Blutplättchen verklumpen weniger leicht. Entsprechend seltener bilden sich lebensgefährliche Blutgerinnsel
          • Der Anteil des "guten" HDLCholesterins wächst auf Kosten des LDL-Cholesterins, das Mediziner für eine wesentliche Ursache der Arteriosklerose halten.
          • Moderater Sport kann den Blutdruck senken, wenn auch nur gering. Hochleistungstraining dagegen scheint ihn leicht in die Höhe zu treiben.
          • Weil ein trainierter Körper auch in Ruhephasen mehr Energie verbraucht, verschwinden überflüssige Pfunde, die das Herz belasten.
          • Die Wände der Adern bleiben offenbar elastischer. Und geschmeidige Gefäße senken den Kraftaufwand des Herzens.
          Bei der Jagd nach gesundheitlichem Nutzen sollten Breitensportler allerdings nicht übertreiben. "Laufen ohne zu schnaufen", lautet die griffige Devise von Sportmedizinern. Im Blut von 50 per Zufall ausgewählten Freizeitjoggern, die Klaus Völker von der DSH untersuchte, zirkulierte zum Beispiel durchweg doppelt soviel Milchsäure, wie zuträglich wäre. "Dann entfalten sich die Anpassungen nur bedingt", warnt Wildor Hollmann, Gründer des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Kölner Hochschule.
          Eine natürliche Sicherung bewahrt indes übereifrige Trimmfans vor dem Schlimmsten: Bevor das Herz eines gesunden Menschen schlapp macht, geben die Skelettmuskeln auf.
      (aus Geo-Wissen: Körper-Bewegung-Gesundheit)


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